26. Juni 2023

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Funktionierende und verständliche Lizenzmodelle sind die Basis für eine nachhaltige Leistungsbeziehung zwischen Anbieter und Kunde. Herkömmliche Lizenzmodelle orientieren sich an der Anzahl menschlicher Nutzer (insbesondere Named und Concurrent User). Der digitale Wandel bringt Veränderungen mit sich: Immer mehr Dienste können nicht nur von Menschen, sondern auch von technischen Usern, autonomen Agenten oder Drittanwendungen direkt „genutzt“ werden. Herkömmliche Lizenzmodelle stoßen dabei an ihre Grenzen, denn Maschinen lassen sich – anders als Menschen – oft nicht zuverlässig zählen. Neue Lizenzmodelle, die sich an der Nutzungsintensität orientieren, sind daher auf dem Vormarsch.

Bemessung nach Nutzern

Traditionell werden Lizenzgebühren nach Nutzern bemessen:

„Named User“ Model

Eine Lizenz kann in der Weise beschränkt werden, dass das Nutzungsrecht nur namentlich benannten natürlichen Personen eingeräumt wird. Dies ist dann sinnvoll, wenn die Leistung nur von Menschen genutzt wird und die Wertschöpfung des Produktes sich in der menschlichen Nutzung entfaltet.

„Concurrent User“ Model

Hier kann die Leistung von einer bestimmten Anzahl von Personen gleichzeitig genutzt werden. Dies gibt dem Lizenznehmer die Flexibilität, nur so viele Lizenzen erwerben zu müssen, wie gleichzeitig genutzt werden. Dies kann z.B. bei weltweit verteilten Beschäftigten mit unterschiedlichen Arbeitszeiten (Stichwort: Follow the sun) oder bei Schichtarbeit interessant sein.

Standortlizenz

Diese erlaubt die unbegrenzte Nutzung durch Maschinen und Menschen an einem bestimmten Standort. Sie ist einfach zu handhaben. Jedoch kann der Lizenzgeber nicht am Wachstum des Lizenznehmers partizipieren. Zudem laufen Standortlizenzen einer digitalen Dezentralisierung und Ortsflexibilität zuwider. Virtuelle Maschinen lassen sich oft nicht sinnvoll lokalisieren. Hinzu kommt, dass Lizenzen, die dem Anwender den Ort der Nutzung vorschreiben, teilweise als AGB-widrig angesehen werden.

„Named Machine“ Model

In der Praxis gibt es Versuche, den Lizenztarif an Maschinen zu knüpfen. Zentrale Herausforderung ist die genaue Definition. Grundsätzlich kann eine trennscharfe Abgrenzung bei standardisierten Maschinen gelingen, insb. wenn sie vom Gesetz als abgrenzbare Einheit behandelt werden (z.B. Pkw oder Schiff). Bei virtuellen Maschinen ist die Abgrenzung oftmals schwierig.

CPU-Lizenz

Hier ist das Nutzungsrecht an einen bestimmten Rechner gebunden. Problematisch sind sog. enge CPU-Lizenzen, z.B. wenn beim routinemäßigen bzw. technologiegetriebenen Hardwareaustausch die Lizenz erlischt. Solche Klauseln werden teilweise als unzulässig angesehen. Die heutige überwiegende Virtualisierung von Serverinfrastruktur in virtuelle CPUs führt zu kniffligen Abgrenzungsfragen.

Lizenzen für virtuelle Maschinen

Virtuelle Maschinen sich Programme, die komplette Rechner simulieren. Dadurch können Betriebssystemen auf der gleichen Hardware nebeneinander ablaufen, ohne sich gegenseitig zu beeinträchtigen. Auch hier ist die trennscharfe Abgrenzung oft schwierig.

Maschinen lassen sich – anders als Menschen – nicht zuverlässig zählen. Herkömmliche Lizenzmodelle stoßen daher an ihre Grenzen.

Bemessung nach Nutzungsintensität

Die Praxis zeigt, dass die Bemessung nach Nutzern umgehungsanfällig ist, z.B. indem mehrere Nutzer hinter einem technischen User gebündelt werden (pooling). Häufig sind nutzerbasierte Lizenzmodelle auch ökonomisch nicht sinnvoll. Daher gewinnt derzeit eine neue Form der Lizenzmetrik an praktischer Relevanz: Die Bemessung nach Nutzungsintensität. Viele Softwareunternehmen, wie etwa SAP oder Oracle, haben nutzungsabhängige Lizenzmodelle entwickelt. Bei diesen wird die einzelne Nutzung und jeder einzelne Zugriff (Human oder Digital Access) vergütet. Die Lizenzkosten werden durch Art und Umfang der Nutzung bestimmt – also unabhängig von Nutzerzahl und Zugriffsmethode.

Die Herausforderung der Vertragsgestaltung besteht darin, den Begriff der Nutzungsintensität rechtssicher zu definieren. Hier kommen insbesondere folgende Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht:

Lizenzierung nach Transaktionen

Hierbei werden technische Vorgänge gemessen, etwa Klicks, Orders oder zur Verfügung gestellte Dokument. Bei der Lizenzgestaltung sollten geklärt werden, ab wann ein technischer Vorgang als kostenpflichtige Transaktion zählt, wie bei abgelehnten oder modifizierten Anfragen gezählt wird und inwiefern Transaktionen rückgängig gemacht werden können. Bekanntes umsatzbasiertes Shopsystem ist beispielweise Shopify.

Lizenzierung nach Funktionsbeanspruchung

Eine Lizenzgebühr ließe sich z.B. danach bemessen, ob und wie oft bestimmte Funktionalitäten benutzt werden. Dies ist etwa bei der ChatGPT API der Fall, bei der sich die Abrechnung auf die Prompts bezieht.

Lizenzierung nach MIPS (Millionen Instruktionen pro Sekunde)

Üblicherweise wird die Einheit MIPS zur Begrenzung der maximal zulässigen Ablaufgeschwindigkeit genutzt. Genauso ist es aber denkbar, diese Einheit in der Lizenzkostenmetrik einzusetzen.

Lizenzierung nach ökonomischen Faktoren

Hier partizipiert der Lizenzgeber an den wirtschaftlichen Chancen und Risiken des Lizenznehmers. Die kann dann interessengerecht sein, wenn die Nutzungsintensität mit dem ökonomischen Erfolg des Lizenznehmers korreliert. Beispiele: Anzahl der Fertigstellungen oder Jahresumsatz des Lizenznehmers.

Rechtliche Herausforderungen bei indirekter Nutzung

Wenn Informationen zwischen einem System (z.B. SAP, Salesforce, Oracle) und einem Drittsystem (z.B. Onlineshop, IoT-Anwendungen) ausgetauscht werden, stellt dies laut Nutzungsbedingungen vieler Anbieter eine indirekte Nutzung dar und bedarf einer eigenen Lizenz. Dann fallen die Lizenzkosten – unabhängig von der Zugriffsmethode – oft nach konkreter Nutzungsintensität an.

AGB-rechtliche Grenzen

Die zentrale Herausforderung bei der Gestaltung ist das Transparenzgebot. Lizenzklauseln sind in aller Regel Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Die Lizenzmetrik sollte klar und verständlich ausgestaltet sein.

Zur Vermeidung von AGB-Risiken sollte es dem Kunden insbesondere möglich sein, bei Vertragsschluss zu erkennen, wie viele Lizenzen erwerben werden müssen. Komplexe Lizenzmodelle bieten spätestens bei Lizenzvermessungen und Audits besondere Stolperfallen.

In einem vom High Court von England und Wales entschiedenen Fall (vgl. CRi 2017, 54) musste ein Fabrikant alkoholischer Getränke seinem Lizenzgeber ca. 55 Millionen Pfund für angefallene indirekte Nutzungen nachzahlen.

Urheberrechtliche Grenzen

Im Falle von Softwarelizenzen ist zudem zu beachten, dass indirekte Softwarenutzung nach deutschem Urheberrecht nur in bestimmten Fällen einer Zustimmung des Rechteinhabers bedarf – etwa wenn ein bereits lizenziertes Programmsegment in den Arbeitsspeicher eines neuen Servers geladen und damit vervielfältigt wird. In vielen Anwendungsfällen (z.B. bei der Datenbank-Abfrage) dürfte indirekte Softwarenutzung aus urheberrechtlicher Sicht grundsätzlich zustimmungsfrei sein, da § 69c UrhG nicht tangiert wird. Insbesondere darf der abredefeste Kern eines bereits eingeräumten Nutzungsrechts nicht durch den Softwareanbieter eingeschränkt werden. Unzulässig wäre also, wenn der Lizenzgeber über sein berechtigtes wirtschaftliches Partizipationsinteresse hinaus Handlungen verbietet, die für die bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms notwendig sind, vgl. § 69d Abs. 1 UrhG. Geringere Anforderungen gelten insofern für die Nutzung von SaaS-Leistungen; diese stellen in der Regel keine urheberrechtlich relevanten Handlung dar.

Königsweg Vertragsgestaltung

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